INTERVIEW: Leistungssport und Abitur

Annika Krusche ist 18 Jahre alt und macht dieses Jahr ihr Abitur an der Elisabethschule Marburg. In ihrer Freizeit spielt sie für die Junior Dolphins und das Marburger Regionalligateam Basketball. Da bleibt nicht viel Zeit übrig um Freunde zu treffen und für die Schule zu lernen. Wie „Anni“ es schafft, trotzdem alles unter einen Hut zu bekommen und wie das schriftliche Abi während „Corona-Zeiten“ ablief, lest ihr in diesem Interview!

Luzie: Hallo Annika! Danke, dass du dir Zeit für ein Interview nimmst.
Du bist nun fertig mit deinen schriftlichen Prüfungsfächern. Wie liefen die Prüfungen und in welchen Fächern hast du dich prüfen lassen, beziehungsweise lässt du dich noch mündlich prüfen?

Annika: Meine schriftlichen Prüfungen in Musik, Mathe und Chemie liefen zum Glück sehr gut und ich bin zufrieden. Nächste Woche werde ich anfangen, mich für meine mündlichen Prüfungen in Deutsch und Geschichte vorzubereiten. In Geschichte wird das Thema der Prüfung meine „besondere Lernleistung“ sein. Dies ist meine Arbeit über meinen Großonkel, der als  Bischof in der ehemaligen DDR tätig war. 

Wann hast du angefangen für das Abitur zu lernen? Wie bist du vorgegangen?

Ich habe in den Winterferien begonnen, mir einen Überblick zu verschaffen, Materialien zu besorgen und letztendlich einen groben Lernplan zu erstellen. Zuerst habe ich die Themen aufgearbeitet, die mir besonders schwer fielen und habe nebenher Karteikarten geschrieben. Drei Wochen vor den Prüfungen habe ich angefangen, die Altklausuren durchzuarbeiten. Dafür habe ich mich oft in die Uni-Bibliothek gesetzt.

Du spielst im WNBL-Team und für das Regio-Team, bist also am Wochenende oft auch beide Tage unterwegs. Wie lässt sich das mit dem Lernen vereinbaren?

Da ich es schon gewohnt war, dass mir durch Basketball wenig Zeit zum Lernen zu Verfügung steht, habe ich frühzeitig angefangen und meine Zeit genau eingeteilt. Durch meinen Lernplan habe ich Stress vermieden, weil ich wusste, dass ich alles schaffen werde. Karteikarten zu schreiben, erwies sich als sehr nützlich und praktisch, da ich auf den zahlreichen Fahrten zu den Auswärtsspielen meinen Lernstoff immer griffbereit hatte.

Glaubst du deine Noten wären besser, wenn du nicht so leistungsorientiert Basketball spielen würdest, oder hat der Sport sogar eine positive Auswirkung auf deine schulischen Leistungen?

Diese Frage kann ich nicht so eindeutig beantworten. Einerseits habe ich durch Basketball schon früh gelernt, mich zu organisieren und meine Zeit einzuteilen, was sich durchaus positiv auf meine Schulnoten auswirkt. Andererseits ist es zwischenzeitlich sehr anstrengend beides zu balancieren, was sich auch daran zeigt, dass ich während der Abizeit öfters mit grippalen Infekten krank geworden bin.

Haben die Lehrer Verständnis dafür, wenn du mal wegen Basketball fehlst?

Das war wirklich sehr unterschiedlich. Manche Lehrer haben mich vom Basketball abbringen wollen, weil sie der Meinung waren, dass es meinen schulischen Leistungen schaden könnte.  Mit meinem Tutor jedoch hatte ich wirklich Glück. Als ich wegen der WNBL-Playoffs den Leistungskurstag zur Abi-Vorbereitung absagen wollte, war er zwar über meine Entscheidung verwundert, er hat mich aber gehen lassen.

Auf der anderen Seite: Haben die Trainer Verständnis dafür, dass du mal eine Trainingseinheit ausfallen lässt um für eine wichtige Klausur zu lernen? Gibt es ansonsten eine Abmachung mit deinen Trainern, die dich während des Abiturs entlastet?

Grundsätzlich hatten die Trainer Verständnis für meine Situation. Dennoch wurde eine Absage des Teamtrainings nie gern gesehen, weshalb ich es auch vermieden habe. Ich habe mich manchmal zerrissen gefühlt zwischen den Anforderungen der Schule und den Erwartungen der Trainer, dass ich möglichst an jedem Training teilnehme. Leider hat mir auch  dann manchmal die Zeit für gefehlt.

Aufgrund des „Coronavirus“ konnte das Abitur sicherlich nicht unter ganz normalen Bedingungen geschrieben werden. Wie hast du dich gefühlt, als erstmals absehbar war, dass das Abitur anders stattfindet, beziehungsweise sogar eventuell entfällt?

Der Schock war groß. Genau eine Woche vor unseren Prüfungen spitzte sich die Lage zu. Uns wurde untersagt, das Schulgebäude weiterhin zu betreten. Dadurch fielen die letzten Besprechungen mit Lehrern weg. Gleichzeitig wurde uns aber versichert, dass wir unsere Prüfungen schreiben können und es sich nur um eine Vorsichtsmaßnahme handle.
Ich kann nur schwer realisieren, dass mein letzter Schultag schon hinter mir liegt und ich mich von einigen LehrerInnen und MitschülerInnen wohl nie gemeinschaftlich verabschieden kann, weil der gesamte Unterricht und die schönen Feierlichkeiten, wie die Abiparade, Mottowoche, Zeugnisverleihung und Abiball abgesagt sind.

Welche besonderen Verhaltens- und Abstandsregeln gab es in den Prüfungen?

Die Regeln waren streng und wurden meines Erachtens gut eingehalten. Wir wurden im Vorhinein in kleine Gruppen aufgeteilt, die sich an getrennten Plätzen auf dem Schulhof versammelt haben. In Fünfergruppen wurden wir in die Räume geführt, in denen höchstens zehn SchülerInnen Platz nehmen durften. Die Tische standen sehr weit auseinander und es wurde kontinuierlich gelüftet. Die ganze Zeit über musste  ein Mindestabstand von 2m eingehalten werden. Das fiel mir besonders nach den Prüfungen schwer. Man wollte seinen Freunden einfach nur in den Arm fallen und zusammen feiern.

Hast du schon Pläne für nach dem Abitur? Weißt du, wie es für dich basketballerisch, sowie beruflich weitergehen soll?

Im Moment bin ich am planen. Ich nutze gerade die Zeit, Bewerbungen für ein sogenanntes „Gap Year“ zu schreiben. Ich möchte mir die Möglichkeiten offen halten und bewerbe mich breit für Freiwilligendienste im Ausland, Jugendbetreuungen und workcamps.
Ganz sicher ist jedoch, dass ich unbedingt weiterhin Basketball spielen will. Ob das jetzt in Marburg oder einer anderen Stadt ist, kann ich bis jetzt noch nicht sagen. Wenn ich aus Marburg weggehen sollte, werde ich oft kommen, um die Trainer und mein Team zu besuchen, die mir sehr ans Herz gewachsen sind. Ich bin sehr dankbar für die Förderung durch den Verein und besonders für mein Team, das mich immer trägt.

Danke Anni! Viel Erfolg noch für die weiteren zwei Prüfungsfächer und bleibe gesund!

Hier geht es zu Annikas Spielerprofil.

*Das Interview ist bereits älter. Mittlerweile hat Annika auch ihre mündlichen Prüfungen mit Bravour bestanden!

(Interview von Luzie Hegele)